Der Reformator bekommt einen eigenen Beitrag. Nicht weil er der einzige Antisemit seiner Zeit gewesen wäre, aber aufgrund seiner großen Bedeutung (nicht nur) für uns Deutsche und der Schwere seiner antisemitischen Auslassungen.

Zuerst muss allerdings gesagt werden, dass es verschiedene Phasen in Luthers Verhältnis zum Judentum gibt. Der Luther in seinen letzten Jahren ist der Schlimmste. Aber auch in seinen erträglicheren Ausführungen möchte er immer noch aus allen Juden am liebsten Christen machen. Warum radikalisiert sich am Ende seine Position noch zusehends? Die meisten Forscher:innen glauben, dass Luther einfach enttäuscht war. Er hatte auf Missionserfolge unter Jüd:innen gehofft, die auch die Wahrheit der Reformation gegenüber der Papstkirche ans Licht bringen sollten. Es kam anders und so schrieb Luther im Januar 1543 die Schrift „Von den Juden und ihren Lügen“. Darin fordert er sieben Dinge:

  • jüdische Synagogen niederzubrennen
  • jüdische Häuser zu zerstören und sie in Ställen und Scheunen wohnen zu lassen
  • Juden ihre Gebetbücher und Talmudim wegzunehmen
  • jüdischen Rabbinern das Lehren bei Androhung der Todesstrafe zu verbieten
  • jüdischen Händlern das freie Geleit und Wegerecht zu entziehen
    Juden Geldgeschäfte zu verbieten und all ihr Bargeld und ihren Schmuck einzuziehen
    jungen Juden Werkzeuge für körperliche Arbeit zu geben und sie ihr Brot verdienen zu lassen

O-Ton Martin Luther: „Stattdessen mag man sie etwa unter ein Dach oder in einen Stall tun, wie die Z*, damit sie wissen, dass sie nicht Herren in unserem Land sind.“ Und später: „Gottes Zorn ist so groß über sie, dass sie durch sanfte Barmherzigkeit nur noch schlimmer und schlimmer, durch Strenge aber kaum besser werden. Darum nur weg mit ihnen.“

Lange Zeit hat man die späten Schriften Luthers ein wenig unter den Tisch fallen lassen. Der Lutherische Weltbund nahm 1969 erstmal zu den Judenschriften Luthers Stellung. Der Beitrag Luthers zu einer antijüdischen Grundhaltung in der evangelischen Kirche wurde in Deutschland eigentlich erst im Zuge des Reformationsjubiläums 2017 richtig aufgearbeitet.