Gab es im Neuen Testament noch Interpretationsspielraum, wird es nun in der Alten Kirche bei den sog. altehrwürdigen Kirchenvätern ziemlich heftig eindeutig. Zum Beispiel bei Bischof Ambrosius von Mailand (4. Jh) der noch heute als Heiliger verehrt wird und nach dem Niederbrennen einer Synagoge durch christliche Fanatiker schreibt: „Was soll der Wiederaufbau einer Synagoge? Ort, des Unglaubens, Heimstätte der Gottlosen, Schlupfwinkel des Wahnsinns, der von Gott selbst verdammt worden ist. […] Mit den Ungläubigen müssen auch die Äußerungen des Unglaubens verschwinden.“

Oder der heilige Bischof Chysostomus (4./5. Jh): „Nenne einer [die Synagoge] Hurenhaus, Lästerstätte, Teufelsasyl, Satansburg, Seelenverderb, jedes Unheil gähnenden Abgrund oder was auch immer, so wird er noch weniger sagen, als sie verdient hat […] Wie ein gemästetes und arbeitsunfähiges Tier taugen [die Juden] nur noch für die Schlächterei.“

Papst Stephan (8. Jh) schreibt: „Deshalb hat es uns […] tödliche Qualen verursacht, als wir erfuhren, dass der jüdische Pöbel, der stets rebellisch gegen Gott ist, […] ganz wie die Christen Land besitzt. […] Es ist also gerecht, dass diesen Ungläubigen die eidlichen Versprechen […] wieder entzogen werden, damit der Tod des gekreuzigten Heilands gerächt werde“.

Stand vor wenigen Jahrhunderten noch in Frage, ob Menschen aus den nicht-jüdischen Völkern Gläubige werden könnten, hat es sich nun so umgekehrt, dass Jüd:innen als Gottlose bezeichnet werden, ihnen Landbesitz abgesprochen wird als Bestrafung für die Kreuzigung Jesu, ihnen das Mensch-Sein abgesprochen wird und offen zur Tötung von Jüdinnen und Juden aufgerufen wird. Dies sind nicht irgendwelche B-Promis der alten Kirche, sondern bis heute verehrte Heilige und Kirchenväter. Und das in einer Zeit, in der das gesellschaftliche Leben maßgeblich durch die Macht der Kirche bestimmt wird.