„Rassismus ist ja bei uns jetzt nicht so das große Problem wie zum Beispiel in den USA. Und wenn, dann sind es ja die Nazis, die rassistisch sind. Und mit denen hab ich nichts zu tun.“
Das eigentliche Problem im Hinblick auf strukturellen Rassismus sind aber nicht die Nazis, die AfD und Donald Trump, sondern aufgeklärte, progressive und liberale Menschen wie du und ich, die Rassismus jederzeit öffentlich brandmarken würden. Das zumindest sagt Robin DiAngelo (Autorin von „Wir müssen über Rassismus sprechen“): Progressive Weiße, politisch eher links, mit BiPoC (Black, Indigenous and People of Color) im Freundeskreis, richten ihrer Meinung nach zurzeit den größten Schaden an.
Warum ist das so?
Insbesondere in Deutschland verbinden wir den Begriff Rassismus vor allem mit der politisch extremen Rechten. „Nazis sind Rassisten!“ – darauf kann man sich schnell einigen. Björn Höcke darf so genannt werden, erlaubt uns ein Dresdner Politikwissenschaftler. Aber dann hört es auch schon auf. Das Problem dabei ist: Wir reduzieren damit das Phänomen „Rassismus“ auf eine Gruppe von Menschen, die für uns Aufgeklärte/Linke/Progressive maximal weit entfernt ist. Wir haben dann damit nichts mehr zu tun. Wir können brandmarken, aber müssen uns selbst nicht hinterfragen. Wir können mit dem Finger auf andere zeigen, aber nicht auf uns selbst.
Ein zusätzliches Problem: Wenn wir nur auf einzelne Menschen oder Gruppen von Menschen zeigen, die wir für rassistisch halten, verschießen wir damit die Augen vor dem, was sich struktureller oder institutioneller Rassismus nennt. Damit ist gemeint: Ganz unabhängig davon, ob einzelne Menschen absichtsvoll rassistisch denken/reden/handeln, gibt es eine innere Logik in den Institutionen unserer Gesellschaft, in ihren Gesetzen und Normen, die Rassismen voraussetzt, begünstigt, weitertradiert. Unser gesellschaftliches Miteinander ist zum Teil so organisiert, dass es die Angehörigen der eigenen Gruppe systematisch gegenüber den Nicht-Dazugehörigen privilegiert. In verschiedensten gesellschaftlichen Feldern wie bei politischer Beteiligung, im Bildungssystem, auf dem Arbeitsmarkt, auf dem Wohnungsmarkt oder auch in der Kirche lässt sich dies ziemlich schnell beobachten, sobald man die Augen dafür aufmacht und Menschen zuhört, die als BiPoC eigene Erfahrungen dazu gemacht haben.
Manche dieser und noch folgender Gedanken stammen aus diesem hörenswerten Beitrag von Kokutekeleza Musebeni und Esther Distelmann:
Dieser Beitrag ist Teil einer Reihe über Rassismus. Hier findest du die anderen Beiträge:
Teil 1: Zuhören als Grundvoraussetzung
Teil 3: Geschichte ist nicht obsolet
Teil 4: White Privilege
Teil 5: Happyland
Teil 6: White fragility
Teil 7: Mikroaggressionen
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